BK 2016 458 - Nichtanhandnahme
Obergericht
des Kantons Bern
Beschwerdekammer in Strafsachen
Cour suprême
du canton de Berne
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Beschluss
BK 16 458
Bern, 21. November 2016
Besetzung Oberrichterin Schnell (Präsidentin), Oberrichter Trenkel, Oberrichter Stucki
Gerichtsschreiberin Beldi
Verfahrensbeteiligte unbekannte Täterschaft (Kapo Bern )
Beschuldigte
A.__
Strafund Zivilklägerin/Beschwerdeführerin
Gegenstand Nichtanhandnahme
Strafverfahren wegen «Herauszögerung, Abgabe Tätergeständnis»
Beschwerde gegen die Verfügung der Regionalen Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau vom 21. Oktober 2016
(EO 16 9834)
Erwägungen:
1. Die Regionale Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) verfügte am 21. Oktober 2016 die Nichtanhandnahme des von A.__ initiierten Verfahrens gegen Beamte der Kantonspolizei. Dagegen erhob A.__ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 1. November 2016 Beschwerde.
Mit Blick auf das Nachfolgende verzichtete die Verfahrensleitung auf die Durchführung eines Schriftenwechsels (Art. 390 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO; SR 312]).
2. Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer in Strafsachen innert 10 Tagen schriftlich und begründet Beschwerde geführt werden (Art. 393 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Art. 396 Abs. 1 StPO, Art. 35 des Gesetzes über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft [GSOG; BSG 161.1] i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Organisationsreglements des Obergerichts [OrR OG; BSG 162.11]). Die Beschwerdeführerin ist durch die Nichtanhandnahme des Verfahrens unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen und somit zur Beschwerdeführung legitimiert. Auf die formund fristgerechte Beschwerde ist einzutreten.
3.
3.1 Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 Bst. a StPO). Sie verzichtet auf eine Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung einen Strafbefehl erlassen kann (Art. 309 Abs. 4 StPO). Die Nichtanhandnahme wird gemäss Wortlaut von Art. 310 Abs. 1 Bst. a StPO verfügt, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind. Es muss mit anderen Worten sicher sein, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt. Eine Nichtanhandnahme darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen. Sie ist unzulässig, wenn zweifelhaft ist, ob ein Tatbestand vorliegt dessen Nachweis gelingen wird (BGE 137 IV 285 E. 2.3).
3.1 Dem Strafverfahren liegt der Vorwurf zugrunde, dass die mit einem Vorfall vom 31. Juli 2014 befassten Polizeibeamten die Situation nicht richtig beurteilt bzw. nicht richtig gehandelt hätten.
Aktenkundig wurde die Kantonspolizei am 31. Juli 2014 an das Domizil der Beschwerdeführerin und ihres damaligen Ehemanns B.__ gerufen. Die Beschwerdeführerin warf ihrem Ehemann vor, ihr im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung ein Silbermesser (Tafelmesser) nachgeworfen zu haben. Die Polizeibeamten befragten beide Ehepartner und überführten in der Folge die Beschwerdeführerin zwecks Abklärung möglicher Selbstoder Fremdgefährdung ins Spital. Der beigezogene Notfallpsychiater verzichtete auf die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung. Die Kantonspolizei reichte gleichentags eine Gefährdungsmeldung ein. Dieser kann entnommen werden, dass die Polizeibeamten gestützt auf ihre vor Ort gemachten Wahrnehmungen aus strafrechtlicher Sicht keinen Handlungsbedarf sahen. Mit Ausnahme der wenig glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführerin habe nichts auf eine Eskalation hingedeutet. Ihrer Ansicht nach leide die Beschwerdeführerin indessen unter starkem Verfolgungswahn, weshalb sie dringend Hilfe benötige. Dies nicht nur zu ihrem Wohl, sondern auch zum Wohl ihres Sohnes. Hierauf wurde der Regionale Sozialdienst C.__ mit einer Sachverhaltsabklärung beauftragt und dem Sohn wurde eine Beiständin beigeordnet. Im Bericht vom 25. März 2015 hielt der Regionale Sozialdienst C.__ zu Handen des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau fest, dass eine Zuteilung der elterlichen Obhut an die Mutter aufgrund der Gefährdung des Kindswohls nicht in Frage komme. Gemäss Aussagen der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe an die Beschwerdekammer soll die Beistandschaft wieder aufgehoben und der Sohn unter ihre Obhut gestellt worden sein.
Am 22. August 2016 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Staatsanwaltschaft die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Beamten der Kantonspolizei, welche mit dem Vorfall vom 31. Juli 2014 beschäftigt gewesen seien (angeblich ein Herr D.__), sowie gegen den Polizeibeamten E.__, welcher am 8. Februar 2016 das Tätergeständnis entgegengenommen habe (angebliche Bestätigung von B.__, wonach er am 31. Juli 2014 das Messer gegen seine Ehefrau geworfen habe). Nachdem die Staatsanwaltschaft die Polizei mit weiteren Abklärungen beauftragt hat, verfügte sie nach Eingang der entsprechenden Polizeiberichte die Nichtanhandnahme des Verfahrens.
3.2 Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme damit, dass sich die beteiligten Polizeibeamten keiner Straftat schuldig gemacht hätten. Insbesondere dem Bericht des Polizeibeamten E.__ vom 18. Oktober 2016 könne entnommen werden, dass er die Meldung der Beschwerdeführerin am 11. Februar 2016 korrekt entgegen genommen und weitergeleitet habe. Auch die am 31. Juli 2014 ausrückenden Polizeibeamten hätten die Gefährdungsmeldung gestützt auf ihre damaligen Wahrnehmungen gemacht, was nicht zu beanstanden sei. Ferner habe sich die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme vom 8. September 2016 dahingehend geäussert, keine der Personen der involvierten Amtsstellen anzeigen zu wollen.
3.3 Die Beschwerdeführerin, welche die im Anschluss an die polizeiliche Intervention vom 31. Juli 2014 verfassten Berichte (insbesondere die Aussagen zu ihrer Gemütsverfassung bzw. ihrem Gesundheitszustand) als Ursache ihrer Probleme betrachtet, wendet dagegen ein, dass sie vom Polizeibeamten F.__, der mit ihr die Einvernahme vom 8. September 2016 durchgeführt habe, nicht auf die Folgen eines Strafantragsverzichts aufmerksam gemacht worden sei. Ihr sei auf dem Polizeiposten Opferhilfe versprochen worden. Aber es sei nicht gesagt worden, dass Opferhilfe bzw. die Auszahlung von Schmerzensgeld für das durch die Berichte erlittene Leiden davon abhängig sei, dass ein Strafverfahren eröffnet werde. Deshalb lege sie Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung ein.
3.4 Es kann offen gelassen werden, ob die Polizei die Beschwerdeführerin anlässlich der Einvernahme vom 8. September 2016 rechtsgenüglich über die Folgen eines Strafantragsverzichts -rückzugs informiert hat. Selbst wenn dies zu verneinen wäre und somit nicht davon ausgegangen werden dürfte, dass die Beschwerdeführerin auf die Strafverfolgung verzichtet hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht festhält, kann im Verhalten der am 31. Juli 2014 an das Domizil der Beschwerdeführerin gerufenen Polizeibeamten keine strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgemacht werden. Sowohl die Zuführung ins Spital, wie auch die Gefährdungsmeldung erfolgten gestützt auf ihre Wahrnehmungen. Dass der damalige Ehemann nun schriftlich eingeräumt haben soll, das Messer tatsächlich gegen sie geworfen zu haben, ändert nichts an dieser Beurteilung. Schliesslich kann auch im Verhalten des Polizeibeamten E.__, der die Anliegen der Beschwerdeführerin am 11. Februar 2016 entgegen genommen und an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet hat, kein strafrechtlich relevantes Verhalten erblickt werden.
Dass die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme verfügt hat, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist abzuweisen.
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Die Beschwerdekammer in Strafsachen beschliesst:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestimmt auf CHF 500.00, werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Zu eröffnen:
• der Strafund Zivilklägerin/Beschwerdeführerin
• der Generalstaatsanwaltschaft
Mitzuteilen:
• der Regionalen Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau, Staatsanwältin G.__ (mit den Akten)
Bern, 21. November 2016
Im Namen der Beschwerdekammer
in Strafsachen
Die Präsidentin:
Oberrichterin Schnell
Die Gerichtsschreiberin:
Beldi
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden durch die Beschwerdekammer in Strafsachen in Rechnung gestellt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.